5 Mythen um Trennung, Trauer und Abschied – Kinder trauern anders

5 Mythen um Trennung, Trauer und Abschied – Kinder trauern anders

Wie die Geburt, so gehört auch der Tod zum Leben dazu. Es gibt also einen „Anfang“ und ein „Ende“ vom Leben oder Lebensphasen. Irgendwann sind wir alle einmal betroffen, von Trennungen und Abschieden. Gerade Lebenskrisen, die mit dem Tod oder Trennungen einhergehen, machen uns zu schaffen. Sie benötigen sehr viel Kraft, Zeit und Liebe.

Gleichzeitig bewältigen Erwachsene, genauso wie auch unsere Kinder diese – für sie neue – Situation. Kinder fühlen Traurigkeit und Trauer ebenso wie Erwachsene, denn sie haben Gefühle. Und doch trauern Kinder anders als wir.

„Kinder trauern in Pfützen und Erwachsene im Fluss“, was so viel bedeutet wie, ein Kind erlebt Trauer und Abschied über einen großen Zeitraum, aber immer als Momentaufnahme. Es springt in die Pfütze, taucht kurz ein und verlässt sie auch wieder zeitnah. Anders verhält es sich mit uns. Wir erleben Trauer als eine zusammenhängende Zeit mit verschiedenen Phasen, die abhängig von Charakter und Intensität der Trauer andauert.

Ich werde hier auf 5 Mythen eingehen, die mir häufig begegnen, wenn es um die Trauerarbeit mit Kindern geht. Doch zuvor gebe ich dir 5 wichtige Impulse, die du bedenken darfst:

  • Präventiv dem Thema begegnen – es ist wichtig unsere Kleinsten bereits präventiv auf Krisen wie Tod oder Trennung vorzubereiten, denn früher oder später werden Kinder mit diesen Themen konfrontiert und dann ist es gut, wenn sie auf eine Auswahl an Strategien und Worten dafür zurückgreifen können.
  • Trennungen und Tod sind allgegenwärtig, denn es ist nicht immer nur die Beziehung oder Ehe der Eltern, sondern auch der Abschied von guten Freunden oder Lebensabschnitten damit gemeint, wie die unbeschwerte Kindergartenzeit. Mit dem Sterben kommen Kinder in Berührung, wenn z.B. die Großeltern dahinscheiden oder das geliebte Haustier. Indirekt kommen sie schon sehr viel früher damit in Berührung.
  • Trauer der Kinder begleiten - Diese Ereignisse beschäftigen Kinder oftmals über Jahre hinweg und es ist unsere Aufgabe sie darin zu begleiten, zuzuhören und Vorkehrungen zu treffen in Form von Aufklärung, ohne dabei in die Lehrerrolle zu verfallen. Das Thema Tod darf ins Leben kommen und besprochen werden.
  • Trauer bei Kindern verändert mit dem Wachsen - Da sich bei Kindern das Verständnis für das Leben und seine Endlichkeit mit dem Alter ändert, kann es vorkommen, dass sie Jahre später erst den Tod der Großeltern verarbeiten. Das passiert dann, wenn sie das Alter erreichen, indem sie verstehen, dass diese Person unwiederbringlich fortgegangen ist.
  • Die Fragen nach dem Tod sind immer da - Die Trauer bei Kindern ist vielfältiger, bunter und die Suche nach dem Lebenssinn oder danach, was das Leben eigentlich ist, beginnt erst, wenn sie die entsprechende Altersphase erreichen.

Mythos Nummer 1:
Mein Kind ist zu jung, um über den Tod zu sprechen.

Wenn mir diese Aussage begegnet, frage ich gern zurück: Was heißt das? Wofür ist es zu jung? Denn darüber denken Eltern wenig nach, sondern hängen sich an diesem Vorurteil auf und setzen damit einen Haken hinter dieses Thema. Das heißt, sie verschließen sich vorab für die Möglichkeit der Trauerarbeit ihres Kindes. Wenn wir dann ins Gespräch dazu kommen, stelle ich oft fest, dass es die Eltern sind, die sich mit diesem Thema nicht auseinandersetzen möchten oder können. Sie haben Angst davor oder befinden sich selbst in ihrer Trauer. Der Hintergrund kann eine eigene unbewältigte Trennungserfahrung sein und/oder fehlendes Wissen. Dadurch sind sie mit der Situation und den Gefühlen, die sie hervorruft, selbst beschäftigt und teilweise mit den Reaktionen ihres Kindes überfordert.

Wichtig ist, eigene Blockaden und schmerzhafte Erfahrungen können durch die Gespräche mit deinem Kind ebenfalls gelockert werden und einen Raum finden. Jedes Kind (auch das eigene, das in jedem von uns wohnt) kann den Umgang mit Trauer lernen. Wir dürfen alle traurig sein, weinen und uns helfen loszulassen.

Mythos Nummer 2:
Ich möchte nicht, dass mein Kind traurig ist.

Gefühle machen uns menschlich. Sie auszudrücken haben viele von uns verlernt oder es wurde aberzogen. Sätze wie: „Jetzt stell dich nicht so an.“ Oder „Es ist doch nichts passiert“ hat wohl jeder von uns schon mal gehört.

Jedes Gefühl darf sein und gespürt werden. Nur so lernt ein Kind sich auszubalancieren. Kinder können negative Gefühle wie Wut oder Trauer gut tragen, wenn sie sie vorher auch spüren durften. Damit meine ich, dass diese Gefühle zugelassen und erfahren wurden. Wir begleiten unser Kind dabei, anstatt es in eine Richtung zu ziehen.

Beispiel: Wenn das Lieblingsspielzeug verloren gegangen ist und die Traurigkeit des Kindes nicht ernst genommen oder unterdrückt wird, versteht es dieses Gefühl auch nicht. Begleite ich mein Kind aber in dieser Trauer und lasse es zu, dann wird es im Fall einer Tragödie besser damit umgehen können.

Mythos Nummer 3:
Kinder trauern nicht richtig.

Vielleicht sieht es für uns Erwachsene danach aus, wenn ein Kind zurückgezogen und schweigsam ist oder sogar spielt. Für uns wirkt es möglicherweise sogar fröhlich, aber die Gefühlswelt des Kindes kann eine andere sein. Das liegt daran, dass Kinder ihre Gefühle noch selten benennen. Das ist eine Übungsfrage.

Im Alltag kannst du mit deinem Kind seine Gefühle erforschen, indem du fragst, wie es sich in einer bestimmten Situation fühlt. Wenn es beginnt zu umschreiben, was in ihm vorgeht, gibst du ihm Begriffe, damit es lernt wie diese Gefühle heißen. So kann es zukünftig besser erklären, was es fühlt. Es gibt auch Gefühlskartenspiele, die euch dabei im Alltag helfen.

Kinder spüren Traurigkeit und Trauer. Auch, wenn sie anders aussieht.

Mythos Nummer 4:
Mein Kind versteht den Tod nicht.

Das Thema Tod ist oft verwirrend für ein Kind. Erwachsene umgehen es gern in ihrer Anwesenheit und in Trickfilmen tauchen Cartoon-Figuren, die sich spielerisch verletzen oder sterben in der nächsten Episode wieder unversehrt auf.

Mein Tipp hier: Wenn im Alltag das Thema Tod aufkommt, sprich mit deinem Kind darüber. Versuche nicht das Thema zu vermeiden oder abzulenken, sondern nimm die Gedanken und Fragen deines Kindes dazu auf. Antworte ihm wahrheitsgemäß bzw. frage dein Kind zurück, wie es dieses oder jenes sieht. Lass es reden, ohne zu bewerten.

Gerade ab dem Alter von 5 bis 6 Jahren wollen Kinder viel wissen und verstehen lernen. Es gibt schöne Kinderbücher zu dem Thema, die darauf kindgerecht eine Antwort finden.

Mythos Nummer 5:
Meine Trennung betrifft nur mich.

Das stimmt – nur bedingt. Wenn eine Beziehung endet, ist nicht nur das Paar betroffen, sondern auch die im Haushalt lebenden Kinder. Sie betrauern den Verlust der Eltern als Liebespaar. Auch wenn die Kinder im Laufe der Zeit verstehen, dass die Liebe vorbei ist, sind sie dennoch traurig deswegen.

Problematisch ist es auch, wenn Kinder sich selbst die Schuld daran geben, auch wenn das nicht zutrifft. Wichtig ist es im Fall einer Trennung, Kinder mit Verständnis und Liebe zu begleiten, um ihnen diese Phase zu erleichtern. Im Laufe der Zeit erkennen sie dann, dass das Liebespaar zwar nicht mehr existiert, die Eltern aber trotzdem für sie da sind.

Wenn du Fragen zu diesem Thema hast, oder dir mehr Impulse wünscht, dann schreibe mir gern.

Deine Nicole Gratz
Erziehungswissenschaftlerin

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Autorin

Nicole Gratz
Mutter, Inhaberin, Erziehungswissenschaftlerin/Soziologin M.A. (Uni Potsdam), Entspannungspädagogin

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